Wer mehr Kalorien zu sich nimmt, als er durch körperliche Aktivität abbaut, legt Fettdepots an. Weil die nicht nur das gute Aussehen ruinieren, sondern auch den Organismus belasten und krank machen, tobt in industrialisierten Ländern seit langem ein verbissener Kampf gegen das Übergewicht: Sport und Muskeltraining, zahllose Diätprogramme und selbst Operationen, die den Verdauungstrakt verkleinern, sollen zum Ziel führen.
Aktuelle Studienergebnisse aus den USA verheißen nun einen Durchbruch, der das Essverhalten verändern und das Abnehmen erleichtern soll: Auf einer medizinischen Jahrestagung in San Diego, USA, stellte die Endocrine Society (Gesellschaft für Hormonforschung) eine vielleicht zukunftsweisende Entdeckung vor, ein Nasenspray, das das Hormon Oxytocin enthält. Es soll vorerst Männern helfen, die Kalorienaufnahme zu regulieren.
Wie genau das Hormon im Gehirn wirkt, muss noch intensiver erforscht werden. Ein Team der medizinischen Fakultät in Harvard unter Leitung von Elisabeth Lawson geht davon aus, dass Oxytocin die Auswirkung von Geschmackssignalen blockiert und anschließend direkt das Esszentrum beeinflusst. Die Aufnahme des hormonhaltigen Sprays über die Nasenschleimhaut lässt das Hormon ins Gehirn dringen, wo es mehrere Regionen im Zwischenhirn anspricht. Zusätzlich scheint Oxytocin auch auf den Stoffwechsel einzuwirken. So reagiert der Organismus sensibler auf Insulin, und der Blutzuckerspiegel wird auf natürliche Weise effektiv gesenkt.
Von der Probandengruppe mit einem Durchschnittsalter von 27 Jahren war knapp die Hälfte fettleibig. Alle benutzten vor dem Frühstück ein Nasenspray, das entweder Oxytocin oder ein Placebo enthielt. Der Test wurde zweimal durchgeführt und nach dem Zufallsprinzip wechselten sich Placebo und Hormonspray ohne Wissen der Probanden jeweils ab.
Obwohl die Testgruppe recht klein war, fiel dem Wissenschaftlerteam dennoch auf: Unter Anwendung von Oxytocin nahmen die Probanden beim Frühstück wesentlich weniger Kilokalorien und Fett auf. Zudem erhöhte sich die Fettverbrennung. Der Appetit als solcher blieb unbeeinträchtigt, lediglich die Auswahl der Nahrungsmittel wurde beeinflusst. Nebenwirkungen traten nicht auf.
Noch bleiben viele Fragen offen: Eignet sich die Anwendung auch für Langzeit-Diäten und ist sie auf Dauer ungefährlich? Wirkt Oxytocin auch bei Frauen appetit-regulierend?
In den USA ist Oxytocin übrigens als Mittel zur Einleitung von Wehen zugelassen.
Für eine wirklich erfolgreiche Diät ohne den berüchtigten Jojo-Effekt, bei dem der Organismus auf „Sparflamme“ schaltet, anstatt Fettreserven zu verbrennen, sind vermutlich mehrere Komponenten notwendig. Weil eine effektive Gewichtskontrolle immer auch eine gravierende Umstellung der Ernährungsgewohnheiten voraussetzt, ist die Unterstützung durch das hormonhaltige Nasenspray womöglich ein Schritt in die richtige Richtung.
aktualisiert am 17.03.2015