Die Chemotherapie ist eine Behandlung von bösartigen Tumoren (Krebs) mit Medikamenten. Es handelt sich um Mittel, die die Krebszellen abtöten und die Zellteilung hemmen (Zytostatika). Bei Krebs im Harntrakt und Geschlechtsbereich wird die Chemotherapie recht häufig eingesetzt. Eine andere Möglichkeit ist die Hormontherapie, die den Hormonhaushalt verändert und so das Tumorwachstum verhindern kann. Die Hormontherapie kann bei bestimmten Ausprägungen von Krebs in Frage kommen, die auf die Hormone ansprechen. Des Weiteren kann bei bösartigen Tumoren bisweilen eine Immuntherapie vorgenommen werden. Sie erfolgt gleichermaßen mit Medikamenten, welche den Krebs allerdings dadurch bekämpfen, dass sie das Immunsystem beeinflussen.
Die Chemotherapie ist eine Therapiemöglichkeit bei vielen Arten von bösartigen Tumoren des Menschen. Da ein Medikament prinzipiell an alle Stellen des Körpers gelangt, kann die Chemotherapie auch bei metastasierten (gestreuten) Tumoren sinnvoll sein. Bösartige Tumore (Krebs) sind nämlich dadurch gekennzeichnet, dass sich Zellen absiedeln können, z. B. über die Blutbahn in andere Organe gelangen können und dort neue Tumorinseln (Metastasen) bilden können.
Speziell im Bereich der Harn- und Geschlechtsorgane eignet sich die Chemotherapie zur Bekämpfung von Hodenkrebs, Harnblasenkrebs (ab dem Zeitpunkt, an dem es bis in die Blasenmuskulatur eingedrungen ist) und Harnwegskrebs sowie mancher seltener Tumore. Wenn andere Therapien nicht ausreichen, kommt die Chemotherapie auch beim Prostatakrebs und Nierenkrebs in Frage.
Die Hormontherapie eignet sich gelegentlich zur Behandlung von Prostatakrebs, wenn sich Metastasen gebildet haben. Eine Immuntherapie kommt selten beim Harnblasenkrebs oder Nierenkrebs in Betracht sowie versuchsweise beim Prostatakrebs oder anderen Tumoren.
In der Chemotherapie werden Medikamente eingesetzt, die gegen die Krebszellen gerichtet sind. Zum einen werden die Tumorzellen abgetötet, zum anderen werden sie in der Vermehrung gehemmt. Die Medikamente werden mit dem Überbegriff Zytostatika bezeichnet.
Bei fast allen Hodentumoren, die mit Chemotherapie behandelt werden, kommt eine Wirkstoffkombination namens PEB zum Einsatz. PEB steht für drei Mittel: Cisplatin (mit dem Buchstabensymbol P abgekürzt), Etoposid (E) und Bleomycin (B). Manchmal wird eine andere Kombination oder ein Einzelmittel eingesetzt, z. B. Carboplatin.
Zur Chemotherapie des Blasenkarzinoms eignet sich die Kombination MVAC (Methotrexat, Vinblastin, Adriamycin, Cisplatin) oder die Kombination GC (Gemcitabin, Cisplatin). Manchmal werden ebenfalls abweichende Mittel gegeben.
Bei Nierenkrebs kommt der Wirkstoff Gemcitabin in Frage. Prostatakrebs lässt sich chemotherapeutisch vor allem mit Docetaxel behandeln.
Die Medikamente werden nach einem vorher festgelegten Schema verabreicht. Dieses Schema richtet sich nach Kriterien der Zellformen und Ausbreitung des Tumors. Zumeist erfolgt die Gabe in mehreren Zyklen, also wiederholten Behandlungsreihen. Für jeden Tag des Zyklus ist die Gabe ganz bestimmter Mittel vorgesehen, nicht immer muss an allen Tagen ein Medikament gegeben werden. Ein Zyklus der Wirkstoffkombination PEB beim Hodentumor dauert beispielsweise 21 Tage. In den Zwischenzeiten ohne Medikamentengabe kann sich der Körper erholen, denn auch andere Körperzellen können (oft vorübergehend) durch die Chemotherapie geschädigt werden.
Meist werden die Wirkstoffe intravenös (mit einer Kanüle in die Vene) verabreicht, teils als Spritze, teils als Infusion. Möglich ist auch die Gabe über einen so genannten Port, einen speziellen Zugang, der am Anfang der Therapie beispielsweise im Schulterbereich eingepflanzt wird. Für die Harnblase gibt es außerdem eine Art der Chemotherapie, die direkt an Ort und Stelle wirkt. Dazu kommt eine Spülflüssigkeit mit dem Chemotherapeutikum in die Blase.
Bei der Hormontherapie wird hauptsächlich über die Gabe von Medikamenten eine Beeinflussung des Hormonhaushalts erreicht. Ein Prostatakarzinom schrumpft z. B. oft, wenn weniger Testosteron (männliches Geschlechtshormon) vorhanden ist. Deshalb erfolgt die entsprechende Hormontherapie beim Prostatakrebs mit Wirkstoffen, die ein Andocken von Testosteron an die erkrankten Zellen blockieren. Ebenfalls können Medikamente effektiv sein, die die Wirkung des Hormons LHRH imitieren oder aber Gegenspieler des LHRH sind. Im Prinzip ist auch die operative Entfernung des Hodens (Orchiektomie) eine Art der Immuntherapie, denn hierbei wird ein Organ, das Testosteron herstellt, beseitigt.
Eine Immuntherapie dient dazu, das Abwehrsystem so zu beeinflussen, dass der Krebs besser bekämpft werden kann. Die Substanz Interferon-alpha wirkt beispielsweise so, dass der Körper die Tumorzellen besser erkennt und damit auch besser angreifen kann.
Alle diese Therapien können auch in Kombination mit anderen Verfahren durchgeführt werden. Oft verbessern sich dadurch die Heilungsaussichten.
Die Diagnose steht normalerweise schon fest, wenn eine Chemotherapie angeordnet wird. Es erfolgt ein ausführliches Arzt-Patienten-Gespräch (Anamnese und Beratung) über die Erkrankung, die Therapie und auch die Sorgen und Wünsche des Betroffenen. Neben der körperlichen Untersuchung und Laborkontrollen werden bildgebende Verfahren wie Ultraschall, Röntgen, Computertomographie oder Kernspintomographie (MRT, Magnetresonanztomographie) durchgeführt.
Mit den Untersuchungen wird exakt festgestellt, wo der Tumor liegt und welche Ausdehnung er hat. Auch allgemeine Untersuchungen wie EKG (Elektrokardiogramm) oder Lungenfunktionsprüfung können sinnvoll sein. Gegebenenfalls müssen noch weitere spezielle Untersuchungen erfolgen. Daraufhin wird die Behandlung geplant, das Schema wird erstellt.
Die Chemotherapie kann ambulant (der Patient kann nach der jeweiligen Behandlung nach Hause gehen) oder stationär (mit Krankenhausaufenthalt) erfolgen. Die Medikamente werden nach dem vorher entwickelten Therapieschema gegeben. Die meisten Mittel können über eine Vene oder den zuvor angelegten Port als Infusion oder Spritze in den Körper gebracht werden. Andere Medikamente kann der Patient wiederum in Tablettenform schlucken. Während der Behandlungsphase werden immer wieder Untersuchungen zur Kontrolle vorgenommen. Auch bei der Hormon- und der Immuntherapie werden nach Plan Medikamente verabreicht. Ein Ausnahmefall in der Chemotherapie ist die Behandlung der Harnblase, die häufig über eine Harnblasenspülung vorgenommen wird. Die eingeführte Flüssigkeit enthält den Wirkstoff.
Die Chemotherapie kann eine ganze Reihe von Nebenwirkungen aufweisen. Sie sollten nach genauer Abwägung in Kauf genommen werden, damit der Krebs beseitigt beziehungsweise bekämpft werden kann. Das größte Problem ist, dass die Mittel auch gegen unbeteiligte Körperzellen wirken können.
Daher können verschiedene unangenehme Erscheinungen vorkommen wie beispielsweise Durchfall, Übelkeit, Erbrechen, Appetitminderung, Schleimhautentzündung, Haarausfall, Fieber, vermehrtes Schwitzen oder Müdigkeit. Es besteht eine erhöhte Gefahr, dass eine Infektion des Patienten auftritt. Die Blutgerinnung sowie die Blutbildung können herabgesetzt sein. Innere Organe wie Nieren, Leber, Lunge und das Herz sowie Hoden können geschädigt werden. An der Infusionsstelle oder der Einspritzstelle kann das gegebene Mittel unter Umständen neben die Vene gelangen und dort zu schweren Schäden im Gewebe führen (Paravasat). Die Hormontherapie kann zu Unausgeglichenheit im Hormonhaushalt mit verschiedenen weiteren Erscheinungen führen.
Da das Risiko für Infektionen erhöht ist, ist ein entsprechender Schutz für den Patienten sinnvoll. Er sollte sich z. B. nicht bedenkenlos in Menschenansammlungen begeben (Kino, öffentliche Verkehrsmittel und ähnliches). Treten bei oder nach der Chemotherapie Beschwerden auf wie häufiges Bluten (Nasenbluten, auch Blutergüsse), so sollte umgehend der Arzt informiert werden. Der Patient wird regelmäßig nachuntersucht (Tumornachsorge), um sicherzugehen, dass nicht erneut ein Tumor heranwächst.
Die Erfolgsaussichten unterscheiden sich stark je nach Patient, Art des Tumors und Ausdehnung. Sie lassen sich nicht verallgemeinern, aber nicht selten kann der Tumor erfolgreich beseitigt oder zumindest zum Schrumpfen gebracht werden.
In anderen Fällen können die Aussichten schlecht sein, oder es kann zu einem Wiederauftreten des Tumors (Rezidiv) kommen. Teils treten heftige Nebenwirkungen der Chemotherapie auf, zuvor wird jedoch abgewägt, ob die Methode gerechtfertigt ist.
Je nach der Art des Tumors kommen andere Formen der Behandlung in Betracht. Häufig wird ein Tumor operiert, ebenfalls nicht selten erfolgt eine Bestrahlung oder eine Brachytherapie („innere" Bestrahlung nach Einpflanzung von Strahlungsträgern). Des Weiteren finden sich noch andere spezielle Behandlungsmaßnahmen bei Krebs oder Methoden, die bisher nur probeweise angewendet werden.
Letzte Aktualisierung am 09.03.2021.