Ein Hodenhochstand (Maldescensus testis, Lageanomalie des Hodens) beschreibt den Zustand, dass ein Hoden im Laufe der kindlichen Entwicklung nicht aus dem Bauchraum in den Hodensack eingewandert ist. Der Hodenhochstand kann unterschiedlich ausgeprägt sein: im Extremfall ist das männliche Zeugungsorgan noch in der Bauchhöhle, jedoch gehört bereits ein Pendelhoden (der Hoden ist im Hodensack, pendelt aber gelegentlich nach oben) zu diesen Krankheitsbildern. Durch eine Fehllage des Hodens kann es zu Fruchtbarkeitsstörungen und zu einem erhöhten Hodenkrebsrisiko kommen. Daher ist eine möglichst frühe Behandlung notwendig. Kann mit Hormonen kein Abstieg des Hodens bewirkt werden, so wird eine Operation durchgeführt. Der Eingriff hängt von der Lage des Hodens ab, meist wird der Hoden dann an der Hodensackwand befestigt.
Ein Hodenhochstand sollte zu einem frühen Zeitpunkt behandelt werden, allerdings wandert der Hoden in vielen Fällen noch nach der Geburt von selbst in den Hodensack. Wenn im Alter von einem halben Jahr der Hochstand noch vorhanden ist, kann eine Hormontherapie in Frage kommen. Dazu können die Hormone GnRH (Gonadotropin-Releasing-Hormon) oder HCG (Humanes Chorion-Gonadotropin) gegeben werden. Diese Behandlung mit Hormonen dauert in der Regel sieben Wochen. Der Hoden sollte mit spätestens einem Lebensjahr an der richtigen Stelle liegen, ansonsten ist eine Operation erforderlich.
Es können mehrere Ausprägungen des Hodenhochstandes oder der Hodenfehllage vorkommen:
Der Hodenhochstand kann auf einer Seite oder auf beiden Seiten vorhanden sein oder jeweils unterschiedlich ausgeprägt sein.
Eine rechtzeitige Behandlung des Hodenhochstandes ist hauptsächlich notwendig, um zwei Dinge zu vermeiden: eine Unfruchtbarkeit und ein erhöhtes Risiko von Krebs. Durch die erhöhte Temperatur im Hoden, wenn dieser nicht im relativ kühlen Hodensack liegt, steigt die Gefahr von Fruchtbarkeitsstörungen und von einer Entartung (Krebsbildung).
Um die Gefährdung für den Hoden beziehungsweise die Zeugungsfähigkeit herabzusetzen, muss das Zeugungsorgan aus seiner Fehllage befreit werden und im Hoden befestigt werden. Der Operationsweg wird je nach der Lage des Hodens gewählt. In vielen Fällen (z. B. Leistenhoden, Gleithoden) eignet sich eine Operation über den Leistenkanal, wozu per Schnitt ein Zugang an der Leiste geschaffen wird. Ansonsten wird über die Bauchhöhle über einen Bauchschnitt (Laparotomie) oder eine Bauchspiegelung (Laparoskopie) operiert. Die Bauchspiegelung erfolgt nur über kleine Zugänge unter Zuhilfenahme eines optischen Gerätes, dem Endoskop. Bisweilen sind bei einer Hodenfehllage noch andere Zugangswege erforderlich.
Die Verlagerung in den Hodensack ist nicht immer ohne weiteres möglich, da der Hoden am Samenstrang und an den Gefäßen hängt. Hierfür sind gegebenenfalls Spezialmethoden notwendig, auch eine Folgeoperation kann eventuell erforderlich sein. Ist der Hoden schließlich nach unten befördert worden, so wird er normalerweise im Hodensack festgenäht (Orchidopexie), damit er nicht wieder nach oben gleiten kann.
Nach einem Gespräch mit den Eltern oder dem Patienten (Anamnese) führt der Arzt eine körperliche Untersuchung durch. Er versucht, die Hoden zu ertasten. Mit bildgebenden Verfahren wie z. B. Ultraschall (Sonographie) kann die Lage des Hodens ermittelt werden und dessen Größe bestimmt werden. Es ist sogar möglich, dass der gesuchte Hoden gar nicht angelegt ist. Selten sind weitergehende Untersuchungen erforderlich. Manchmal wird erst in der Operation (z. B. Bauchspiegelung) die Lage des Hodens deutlich.
Die Eltern eines Jungen sollten selbst darauf achten, ob die Hoden im Hodensack liegen. Wenn kein Hoden getastet werden kann, sollten Eltern sich zu einem Facharzt begeben. Unter Umständen müssen in Absprache mit dem Arzt Medikamente abgesetzt werden (z. B. Mittel zur Blutgerinnungshemmung).
Eine Vollnarkose ist in vielen Fällen notwendig, bevor die Operation beginnen kann. Der Arzt führt die geplante Operationsmethode aus und legt mit einem oder mehreren Schnitten einen Zugangsweg an. Der Hoden wird freipräpariert, gegebenenfalls werden weitere Maßnahmen an Gefäßen oder Samenleiter notwendig. Der Hoden wird in den Hodensack gezogen und darin festgenäht. Schließlich werden das Gewebe und die Haut zugenäht.
Die Operation beinhaltet wie alle chirurgischen Eingriffe gewisse Risiken. Gewebestrukturen und Organe können beschädigt werden. Das kann z. B. den Hoden selbst, den Samenstrang oder auch innere Organe betreffen. Blutungen und Nachblutungen, Blutergüsse, Infektionen und Wundheilungsstörungen sind möglich, ebenso kann es zu Narben kommen. Wenn eine Infektion in den Bauchraum eindringt, kommt es zum sehr schwerwiegenden Krankheitsbild der so genannten Bauchfellentzündung (Peritonitis). Später kann der Hoden in manchen Fällen wieder nach oben gleiten (Rezidiv des Hodenhochstandes).
Eine körperliche Schonung in den ersten Wochen ist notwendig. Nach etwa zwei Wochen ist z. B. ein Kindergarten- oder Schulbesuch wieder möglich, mit sportlichen Aktivitäten sollte zumindest sechs Wochen gewartet werden. Das weitere Vorgehen wird mit dem Arzt besprochen. Später können regelmäßige Kontrollen erforderlich sein, unter anderem aufgrund des etwas erhöhten Krebsrisikos. Eine regelmäßige Selbstabtastung des Hodens ist angebracht. Sollten sich Auffälligkeiten zeigen, so sollte zeitnah ein Arzt kontaktiert werden.
Durch die Operation kann in aller Regel eine normale Lage des Hodens erreicht werden. Nicht ausgeschlossen ist es, dass der Hoden wieder in eine Fehllage gelangt (Rezidiv). Im Einzelfall lässt sich nach der Operation nicht vorhersagen, ob die Zeugungsfähigkeit normal ist oder trotz des Eingriffes herabgesetzt ist. Das Hodenkrebs-Risiko ist etwas erhöht.
Letzte Aktualisierung am 09.03.2021.