Einnässen (Enuresis) oder Bettnässen ist das Problem, nachts das Wasser nicht halten zu können. Tritt das Bettnässen auch nach dem 5. Lebensjahr mindestens zwei Mal wöchentlich auf, so ist es als Krankheit definiert. Im 6. und 7. Lebensjahr ist Einnässen noch recht häufig mit etwa 10 Prozent der Kinder in diesem Alter. Die Störung kann aber noch wesentlich später bestehen. Zur Diagnostik des Bettnässens gehört ein ausführliches Gespräch des Arztes mit Kind und Eltern und eine Untersuchung der Harnwege und des ganzen Körpers, da auch organische Ursachen die Störung bedingen können. Die Behandlung kann mit einfachen Maßnahmen wie einem speziellen Kalender oder mit einer so genannten Klingelhose erfolgen. Körperliche Ursachen für das Einnässen müssen jedoch gezielt behandelt werden.
Einnässen (Enuresis) kann vielschichtige Ursachen haben. Oftmals ist ein genauer Grund nicht auszumachen. Die Ursache lässt sich gelegentlich anhand des Verlaufs abschätzen. In dieser Hinsicht können zwei Ausprägungen unterschieden werden. Bei der primären Enuresis besteht das Einnässen kontinuierlich fort, bei der sekundären Enuresis war der Betroffene zwischendurch „trocken" und nässt erst dann wieder ein.
Die primäre Form des Bettnässens ist häufig durch eine Verzögerung der Entwicklung bedingt. Es klappt dann noch nicht so gut, den Schließmuskel der Blase zu steuern, oder das Kind bemerkt die Blasenfüllung noch nicht. Sehr häufig sind beziehungsweise waren nahe Verwandte ebenfalls von dieser Form des Bettnässens betroffen. Ein Zusammenhang mit der Vererbung ist also wahrscheinlich. Organische Ursachen für primäres Bettnässen sind eher selten, aber möglich. Manchmal wird das Hormon ADH (Antidiuretisches Hormon, Vasopressin) nicht in normaler Menge produziert. ADH sorgt unter anderem dafür, dass die Nieren nachts weniger ausscheiden und sich somit die Blase nicht so sehr füllt. Bei einem Mangel an ADH füllt sich die Blase nachts dementsprechend stärker.
Anders sieht es bei der sekundären Form des Einnässens aus. Dass das Einnässen erst wieder auftritt, nachdem wenigstens sechs Monate von Nächten ohne Probleme bestanden, liegt oftmals an psychischen Belastungen. So kann das Einnässen z. B. aufgrund einer Trennung der Eltern, einer Geburt eines Geschwisterkindes oder eines Umzugs auftreten.
Einige Erkrankungen, bei denen es zu einem Einnässen kommen kann, sind Diabetes mellitus (Zuckerkrankheit), Harnwegsinfekte, eine verzögerte geistige Entwicklung oder nervliche Leiden. Bettnässen mit organischer Ursache im Harntrakt ist oft dadurch gekennzeichnet, dass auch tagsüber eine Inkontinenz (ungewollter Harnabgang) besteht.
Bettnässen ereignet sich typischerweise nur nachts, deshalb auch die Bezeichnung Enuresis nocturna (= nächtliches Einnässen). Tagsüber liegt bei Bettnässern im Normalfall kein Problem mit dem Harnhalten oder dem Toilettengang vor. Oft geben Betroffene im Schlaf eine größere Menge Harn ab, ohne dies zu bemerken. In dem Moment erwachen sie also in der Regel auch nicht.
Das Bettnässen führt häufig zu einem starken sozialen und psychischen Leidensdruck. Zu peinlichen Situationen kann es kommen, wenn andere Menschen das Problem mitbekommen. Übernachten bei Freunden oder Klassenfahrten können die Betroffenen belasten.
Ein Arzt muss das Bettnässen aus mehreren Seiten betrachten. Zuerst findet ein ausführliches Gespräch zwischen dem Arzt, den Eltern und dem Patienten selbst statt. Der Untersucher macht sich ein Bild von der familiären und psychischen Lage des Kindes. Von Interesse sind unter anderem mögliche Vorerkrankungen, die Trinkgewohnheiten des Betroffenen, die Häufigkeit und Menge des Einnässens, die Frage nach nächtlichem Harndrang. In diesem Sinne kann es für die Eltern sehr sinnvoll sein, über das Harnlassen und Einnässen ein ausführliches Protokoll zu führen.
Der Arzt untersucht den Patienten und kontrolliert, ob eventuelle Fehlbildungen des Harntraktes zu finden sind. Eine Ultraschalluntersuchung wird in den meisten Fällen durchgeführt. Die Laboruntersuchung einer Urinprobe kann angebracht sein. Auch wird eine Blutprobe abgenommen, um eine Untersuchung auf Diabetes mellitus (Zuckerkrankheit) und andere Veränderungen vornehmen zu können. Eine neurologische (nervenärztliche) Untersuchung kann zudem sinnvoll sein. Körperliche Erkrankungen als Ursache für das Bettnässen müssen ausgeschlossen werden, weil diese eine gezielte Behandlung benötigen. Bei einem solchen Verdacht können Spezialuntersuchungen zur weiteren Diagnostik notwendig sein, beispielsweise eine Harnflussmessung oder eine Beckenboden-Untersuchung.
Die Therapie des Bettnässens hängt von den Untersuchungsergebnissen ab. Liegt eine körperliche Ursache für das Einnässen vor, so muss diese behandelt werden (z. B. ein Harnwegsinfekt). Ansonsten sind oft relativ einfache Maßnahmen erfolgreich.
Da viele der betroffenen Kinder unter ihrem Problem sehr leiden, ist meist ein Beginn der Behandlung sinnvoll, anstatt erst einmal abzuwarten. Die Eltern sollten mit dem Kind angemessen umgehen. Dazu kann ein Therapeut die Eltern beraten und schulen. Eine Bestrafung für das nächtliche Einnässen ist nicht angebracht. Die Problematik kann sich dadurch noch verschlimmern. Es spricht nichts dagegen und ist sogar sinnvoll, einen Bettbezug, der sich leicht waschen lässt, oder eine Gummi-Unterlage für die Matratze zu verwenden.
Eine Hilfe kann sein, das Kind abends nicht so viel trinken zu lassen, damit sich die Blase nachts nicht zu schnell füllt. Kind und Eltern können einen Kalender führen, in dem die Nächte mit und ohne Einnässen eingetragen werden (z. B. mit Symbolen wie Sonne und Regenwolke). Das ermöglicht eine bessere Kontrolle. Eltern sollten das Kind für eine „trockene" Nacht ausdrücklich loben.
Um das Bettnässen zu beseitigen, kann sich auch eine Klingelhose eignen. Das ist ein Höschen, das Töne von sich gibt, wenn es nass wird. Eine Alternative ist eine Klingelmatte. Mit diesen Mitteln erlernt das Kind, mehr auf die Anzeichen in seinem Körper für eine volle Blase zu achten. Dabei ist es vorteilhaft, wenn die Eltern in der Nähe des Kindes schlafen, um es sofort beim Ertönen der Klingel aufwecken zu können. Die Klingelhose oder Klingelmatte wird über einen Zeitraum von sechs bis acht Wochen verwendet. Dauert die Maßnahme über 16 Wochen, so wird sich in aller Regel kein Erfolg mehr einstellen und diese Therapie kann beendet werden.
Eine weitere Möglichkeit ist eine Verhaltenstherapie, in diesem Fall also ein Blasentraining. Dazu erfolgen Übungen, mit denen das Kind seine Blase zu beherrschen lernt. Mit Lob an den richtigen Stellen kann der Effekt verstärkt werden.
Wenn diese Maßnahmen keinen Erfolg bringen, so können zur Therapie des Einnässens auch Medikamente gegeben werden. In der Regel werden sie als Tabletten oder als Nasenspray verabreicht beziehungsweise eingenommen. Desmopressin ist z. B. ein Medikament, das wie das Hormon ADH (Vasopressin) wirkt und daher die Blasenfüllung in der Nacht vermindert. Es kann langfristig oder auch nur für einen kurzen Zeitraum angewendet werden, wie z. B. bei einem Schullandheim-Aufenthalt. Auch während der Medikamentengabe sollten die anderen Behandlungsmaßnahmen weiterlaufen, damit die Wirkung optimiert wird.
Die Aussichten sind im Einzelfall nicht immer absehbar. Normalerweise lernen Kinder, ihre Blase im Laufe der Zeit kontrollieren zu können. Bei einigen Kindern geht dies schneller als bei anderen, die Betroffenen benötigen mehr Zeit dafür und sind erst einmal Bettnässer. In den meisten Fällen schleicht sich das Problem im Laufe der Zeit aus. Mit der richtigen Behandlung kann bei über 70 Prozent der Betroffenen nach einiger Zeit erreicht werden, dass sie nachts trocken werden. Bei nicht-organischen Ursachen sind die Erfolgsaussichten sehr gut. Ist die Störung körperlich bedingt, so bringt oft eine ursächliche Behandlung der zugrunde liegenden Krankheit eine Besserung.
Letzte Aktualisierung am 11.03.2021.